Die Künstlergemeinschaft Ober-Ramstadt, die jedes Jahr im Herbst eine Ausstellung zu einem bestimmten Thema veranstaltet, wählte für die Ausstellung im September 2017 das Thema „Detail“. Die Gemeinschaft besteht aus etwa 30 Künstlern aus verschiedenen Richtungen der Kunst und des Kunsthandwerkes. Jeder Künstler stellt das Thema auf seine Weise dar. Für mich stellte sich nun die Frage: Wie interpretiere ich als Weber „Detail“?
Es gibt derzeit zwei Webtechniken, mit denen ich mich beschäftige: Farbverflechtung und Dräll. Deren englische Bezeichnungen sind colour-and-weave und overshot. Beide Techniken sind vielfältig wandelbar und bieten sich geradezu an, Details herauszuarbeiten.
Daraus ergab sich für mich die Frage, in welcher der beiden Techniken ich den Stoff weben sollte. Da ich mich nicht entscheiden konnte, startete ich eine kleine Umfrage. Das Ergebnis war recht ausgeglichen. Die Farbverflechtung bekam eine Stimme mehr als die Drällmuster. Gleichzeitig entdeckte ich jedoch in dem Buch „Mastering Weave Structures“ von Sharon Alderman eine interessante Möglichkeit, Drällmuster auf unkonventionelle Art in einem Stoff einzusetzen. So blieb ich weiterhin unentschieden.
Dies brachte mich auf die Idee, einen Stoff zu entwerfen, für den ich beide Techniken verwenden konnte: partiell eingewebtes Drällmuster auf einem Grund in Farbverflechtung. Es sollten somit nur Details einer Gesamtheit des Musters in den ansonsten leinwandbindigen Stoff eingearbeitet werden.
Das althergebrachte Drällmuster würde auf diese Weise auf die modern anmutende Farbverflechtung treffen – ein weiteres Thema, das ich schon lange in einem Gewebe zum Ausdruck bringen wollte.
Die nächste Überlegung war: Was wollte ich aus dem Stoff weben? Ich entschied mich für Sofakissen mit Hotelverschluss und japanische Falttäschchen.
Ich fertigte mir zunächst Papierschablonen in der Größe der Kissen und der Täschchen an. Mit deren Hilfe probierte ich verschiedene Drällmuster und Details davon in unterschiedlichen Formen und Anordnungen. Das Buch „A Handweaver’s Pattern Book“ von Marguerite Porter Davison half mir, einen Drällmuster-Einzug zu finden, den ich durch verschiedene Trittweisen abwandeln konnte. Auf diese Weise erhielt ich viele Variationen eines Musters und damit die Möglichkeit, jedes Kissen und jedes Täschchen andersartig zu gestalten und ihm seinen eigenen Charakter zu verleihen.
Nach diesen ausführlichen Vor-Überlegungen und -Bereitungen konnte ich nun endlich daran gehen, meine Ideen umzusetzen. Für eine gute Strapazierfähigkeit des Stoffes wählte ich Baumwolle und Leinen für das Grundgewebe. Um eine gewisse Ausdrucksstärke zu erhalten, bediente ich mich dicken schwarzen Wollgarnes für das Drällmuster. Für die Farben der Farbverflechtung im Grundgewebe habe ich gebleichtes und ungebleichtes Garn gewählt. So bilden sie nur einen zurückhaltenden Kontrast, da die Details der Drällmuster die Hauptrolle in meinem Stoff spielen sollen.
Nach der Vorbereitung der Kette und des Einrichtens des Webstuhles begann das Weben. Doch damit war das Entwerfen und Designen keineswegs abgeschlossen. Denn hier entwickelten sich die endgültigen Entwürfe für jedes einzelne Werk. Es entstanden Kissen und Falttäschchen, die in ihrer Verschiedenheit und Eigenwilligkeit eine gewisse Verbundenheit und Harmonie ausstrahlen.
Literatur:
1. Sharon Alderman „Mastering Weave Structures“, S.134,
ISBN 978-1-59668-137-8
2. Marguerite Porter Davison „A Handweaver’s Pattern Book“ S. 133,
ISBN 0-9603172-0-1
Bilder: eigene Aufnahmen