Am Wochenende vom 24. und 25. Oktober 2020 habe ich meine Werkstatt geöffnet, um interessierten Menschen das Weberhandwerk, das zu den ältesten Handwerken der Menschheit gehört, zu präsentieren und meine neuesten Kreationen vom Webstuhl vorzustellen.
In diesem schwierigen Jahr des Stillstandes und der weitgehenden Kontaktlosigkeit hatte ich viel Zeit zum Weben neuer und schöner Stoffe.
Auch eine für mich neue Webtechnik habe ich gelernt, was ich mir schon lange vorgenommen hatte. Zeit dafür war ja genügend vorhanden. Mit Hilfe eines Online-Tutorials, vielen Youtube-Videos und der unendlichen Geduld einer bolivianischen Webmeisterin habe ich gelernt, mit dem guatemaltekischen Rückenbandwebstuhl (englisch guatemalan backstrap loom) zu weben.
Die Stoffe, die daraus entstanden sind, sowie alle neuen Kreationen von den anderen Webstühlen habe ich an diesem "Wochenende der offenen Webwerkstatt" in einer Werksschau vorgestellt.
Ich habe die Besucher aktiv an der Schau teilhaben lassen, indem ich für sie mehrere Webstühle bespannt hatte: den einfachen Rückenbandwebstuhl, der eigentlich "nur" aus Stäben und Schnüren besteht, mit dessen Hilfe die Menschen jedoch seit Jahrtausenden bis heute äußerst kunstvolle Stoffe weben. Weiter ein mobiles Gurtwebgerät, dessen Handhabung der des Rückenbandwebstuhls ähnelt, durch Modernisierung aber vereinfacht wurde. Dann ein schmaler Musterwebstuhl mit 8 Schäften, der mir immer eine große Hilfe ist, um Probegewebe herzustellen. Und schließlich ein raumfüllender Kontermarschwebstuhl, in den bis zu jeweils 10 Schäften und Tritten eingebaut werden können und der es erlaubt, Stoffe von einer Breite bis zu 135 cm zu weben.
Die Besucher konnten an den Webstühlen selbst einmal erfahren, wie ein Stoff langsam wächst, indem Faden für Faden in ein jeweils bestehendes Fadensystem eingelegt wird. Jeder Webstuhl übte auf seine ganz eigene Art eine große Faszination auf die Gäste aus.
Ich hatte auch verschiedenartige Handspindeln und ein Spinnrad vorbereitet, mit deren Hilfe die Gäste einmal versuchen konnten, aus einem Wollvlies oder auch aus Baumwollfasern einen Faden zu spinnen. Es gehört schon ein großes Maß an Geschick und Geduld dazu, damit es gelingt, einen gleichmäßigen Faden zu spinnen, der dann zum Weben eingesetzt werden kann.
Es war ein besonderes Wochenende, reich an Erfahrungen und Inspirationen, sowohl für die Besucher als auch für mich. Ich hatte das eigentlich für viel später geplant, aber besondere Zeiten verlangen nach besonderen Aktionen. So habe ich es auf dieses Jahr im Herbst vorgezogen, und war froh, dass ich damit eine der selten gewordenen Möglichkeiten hatte, meine Leidenschaft, das Weben, präsentieren und mich mit interessanten Menschen austauschen zu können. Die Besucher zeigten ihrerseits ein großes Interesse, probierten die Webstühle und die Handspindeln aus, stellten viele Fragen, berichteten aber auch viel von sich und ihren Projekten. Auch sie waren froh über ein Stück kulturellen Austausches.