In diesem Beitrag stelle ich ein weiteres Projekt vor, in dem meine in der „Über Mich“ - Seite schon erwähnte Experimentierfreude wieder einmal zur Geltung kommt.
Dazu gehört unter anderem der Einsatz ungewöhnlicher Materialien, z.B. Papier,
Papier ist ein Material, das mich schon lange fasziniert. Es reizt mich, damit einen Stoff zu weben, so wie mit den mir bisher bekannten Garnen, wie Wolle, Baumwolle oder Leinen auch.
Ich habe mich entschieden, aus weißem, d.h. gebleichtem Papier Gardinen zu weben, sogenannte Stores. Sie sollen kein Sichtschutz sein, sondern vielmehr luftig und sehr lichtdurchlässig. Das steife, äußerst unelastische Papiergarn scheint mir hierfür gut geeignet zu sein. Außerdem habe ich in meinem Entwurf frei gelassene Riete im Webblatt vorgesehen, sodass die Gardinen dann aus gewebten Streifen und sogenannten frei schwebenden Schussfäden bestehen würden, die ebenfalls dafür sorgen, dass viel Licht durchscheinen kann.
In meinem Garnlager habe ich feines Papiergarn mit der Stärke 0,5mm gefunden. Das entspricht ungefähr der Nm-Nummer 5,6. Da das mir aber zu fein und zu wenig reißfest war, habe ich am Spinnrad zunächst zwei dieser Fäden miteinander verzwirnt und jeweils zwei dieser 2-fach-Garne nochmal verzwirnt, um ein ausgeglichenes 4-fach-Garn zu erhalten. Nach einem einstündigen Bad in warmem Wasser und einer kurzen Trocknungszeit (Papier trocknet ja schnell) hatte ich genau das Garn, das mir für mein Projekt vorschwebte: stabil und reißfest. Und durch das zweimalige Verzwirnen hat es obendrein noch eine gewisse Ausdrucksstärke bekommen.
Eine zunächst angefertigte kleine Probegardine zeigte mir, dass sich meine Idee gut verwirklichen ließ.
Sie machte auch deutlich, dass die Randkettfäden eines jeden gewebten Streifens in die freien Streifen „abwandern“. Um dem etwas entgegen zu wirken, habe ich in größeren Abständen Handdreher eingearbeitet. Sie geben den Kettfäden an den Rändern etwas mehr Halt und gleichzeitig der Gardine ein weiteres schmückendes Detail, so dass sie ein schönes, leichtes und luftiges Aussehen bekommt.
Auf diesem Bild ist der Anfang der eigentlichen Gardinen zu sehen. Sie wurden, wie die Probegardine, im mobilen Gurtwebgerät gewebt. Die Abstände der Handdreher-Reihen habe ich verringert, um die Randkettfäden der Streifen noch besser an ihrem Platz zu halten.
Ich habe die Gardinen länger gewebt als die Fenster hoch sind, um sie auf verschiedene Höhen raffen zu können. Dafür sollten mir Raffbänder dienen, die an beiden Längsseiten einer jeden Gardine eingeflochten werden.
Aufgrund der Länge der Gardinen brauchte ich ein Band von ungefähr 15 m Gesamtlänge. Demnach habe ich eine knapp 18 m lange Kette geschärt, um den Verlust durch das Weben und Waschen auszugleichen, und nach eigenem Entwurf ein Band aus Leinen und Baumwolle gewebt. Hierfür habe ich ein schmales Gurtwebgerät von nur 10 cm Breite verwendet.
Die fertig gewebten Gardinen habe ich in der Zwischenzeit aufgerollt gelagert, damit sie keine Knicke bekommen...
...Monate später. Dieses Band zu weben war für mich eine gute Übung der Konzentration auf eine sehr simpel erscheinende und dennoch nicht zu unterschätzende Sache. Simpel deshalb, weil das Band nicht aus komplizierten Mustern besteht, die Reihe für Reihe eingelesen werden müssen, wie z.B. bei den Jostenbändern. Die Schwierigkeit bestand darin, das Band in immer der gleichen Breite zu weben, darauf zu achten, dass es nicht zu schmal und nicht zu breit wurde. Eine Markierung auf meiner Anschlagleiste half mir, dies hin und wieder zu kontrollieren.
Am Ende betrug die gesamte Länge des Bandes 16,75 m, nach dem Waschen nur noch 15,60 m.
Die abschließenden Arbeiten waren dann schnell getan: die Zugbänder habe ich an die oberen Kanten der Gardinen angenäht, ebenso das Raffband, das ich zuvor in die entsprechenden Längen zugeschnitten hatte. Die nun einzelnen Raffbänder habe ich in die Längsseiten eingeflochten und die Gardinen in verschiedene Längen gerafft.
Das Ergebnis entspricht ziemlich genau meinen Vorstellungen. Aufgrund ihrer Struktur lassen die Gardinen viel Licht ins Zimmer und sind gleichzeitig ein filigraner Schmuck am Fenster.
Fotos: eigene Aufnahmen